Funkgeräte sind nicht nur bei Polizei, Flugsicherung und Rettungskräften im Einsatz, sondern auch bei Amateuren beliebt. (Bild: Goran Basic / NZZ)

Funkgeräte sind nicht nur bei Polizei, Flugsicherung und Rettungskräften im Einsatz, sondern auch bei Amateuren beliebt. (Bild: Goran Basic / NZZ)

Amateurfunker streiten mit einem IV-Rentner, der ihren Funkverkehr stört – die Justiz tut sich aber schwer mit dem Fall

Das Zürcher Obergericht hat einen vorinstanzlichen Freispruch gegen einen Amateurfunker, dem Nötigung durch wiederholte Störung des Funkverkehrs vorgeworfen wird, aufgehoben. Der Prozess vor Bezirksgericht muss mit neuen Beweismitteln wiederholt werden.

Tom Felber
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Es ist ein Konflikt, der in der Amateurfunker-Szene seit Jahren für rote Köpfe sorgt: Ein 51-jähriger IV-Rentner ärgert andere Amateurfunker, indem er regelmässig mit seinen Funksprüchen den Funkverkehr stören und so das Relais blockieren soll. Der Betroffene sieht sich hingegen als Opfer einer Hetzjagd. Der Präsident eines Amateurfunker-Vereins versuchte den IV-Rentner mit einem Strafverfahren wegen Nötigung zum Schweigen zu bringen.

«Ärgerlich, aber nicht strafbar»

Mit einem Strafbefehl wurde der 51-Jährige zunächst auch zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt. Eine Einzelrichterin am Bezirksgericht Zürich befand aber im November 2018, für die Erfüllung des Straftatbestands der Nötigung fehle es an der Intensität und sprach den Beschuldigten frei. Das Gericht habe nicht zu beurteilen, ob das Verhalten des Beschuldigten gesellschaftlich in Ordnung sei. Sein Verhalten sei zwar ärgerlich für die Betroffenen, strafbar sei es aber nicht.

Der 64-jährige Privatkläger ging in Berufung vor Obergericht. Er beantragte vollumfängliche Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils, Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Durchführung eines Beweisverfahrens und stellte verschiedene Beweisanträge. In einem schriftlich durchgeführten Verfahren hat das Obergericht das Urteil des Einzelgerichts nun aufgehoben und das Verfahren zur Durchführung von Beweisabnahmen an die Vorinstanz zurückgewiesen.

Automatisierte Rundsprüche

Dem IV-Rentner wird konkret vorgeworfen, er habe zwischen Januar 2018 und März 2018 über Wochen hinweg unnötig automatisierte Rundsprüche versendet und diese alle zehn bis fünfzehn Minuten mehrmals täglich ausgestrahlt. Diese Störsendungen hätten im Extremfall dazu geführt, dass die Relais mittels Fernzugriff hätten abgeschaltet werden müssen und über längere Zeit nicht hätten genutzt werden können. Gleichzeitig habe der Beschuldigte den Privatkläger unter Druck gesetzt und von ihm verlangt, Einträge auf einer Website zu löschen, andernfalls er die Rundsprüche immer wieder aussenden und so die Frequenzen blockieren werde.

Der Beschuldigte ist nicht geständig. Er erklärte, die Relais seien abgeschaltet worden, weil man grundsätzlich nicht wolle, dass er funke, nicht weil er zu viel funke. Man wolle, dass das Bakom ihm seine Lizenz wegnehme. Er habe in der fraglichen Zeit insgesamt höchstens zehnmal Rundsprüche laufen lassen. Die Funksprüche seien zudem nicht unnötig gewesen. Denn er habe mit dem Privatkläger Kontakt aufnehmen wollen, damit dieser Einträge gegen ihn im Internet lösche.

Dünne Beweislage

Das Obergericht kommt in seinem Entscheid zum Schluss, dass in diesem Fall lediglich ein äusserst rudimentäres Beweisverfahren durchgeführt worden sei. Entscheidende Beweismittel seien nicht abgenommen worden, und es sei keine Befragung des Privatklägers und eines weiteren Zeugen unter Wahrung der Verfahrensrechte des Beschuldigten erfolgt. Zudem drängten sich Abklärungen betreffend die vom Beschuldigten bestrittene Häufigkeit der Funksprüche und die technische Möglichkeit der Auswertung hinsichtlich Inhalt und Anzahl auf. Die vom Privatkläger gestellten Beweisanträge seien begründet.

In einer Stellungnahme zum Rückweisungsantrag hatte der Beschuldigte erklärt, dass ihn seine Amateurfunklizenz berechtige, zeitlich unbegrenzt zu senden, mit wem er wolle, wo er wolle, wann und wie lange er wolle. Dem hält das Obergericht aber entgegen, dass eine missbräuchliche Häufung von Rundsprüchen, welche das Abschalten von Relais zur Folge habe, nicht von einer Funklizenz gedeckt sei.

Laut Obergericht wurde das Vorverfahren derart rudimentär geführt, dass die erforderlichen zusätzlichen Beweisabnahmen eigentlich den Hauptteil des Beweisverfahrens darstellen. Die Durchführung derart umfassender Beweisabnahmen erst im Berufungsverfahren vor Obergericht beschneide die Parteirechte in schwerwiegender Weise. Deshalb sei eine Rückweisung unumgänglich.

Urteil SB190036 vom 18. 6. 2019, rechtskräftig.